Den von den Auswirkungen des Klimawandels stark geprägten Forstbetriebsplan für das Wirtschaftsjahr 2021 stellten Philipp Schweigler, Leiter des Forstbezirks Kraichgau-Rheintal, und Walldorfs Revierleiter Gunter Glasbrenner in der Gemeinderatsitzung am 8. Dezember 2020 vor. Der Plan fand die einhellige Zustimmung unserer Fraktion.
Die Stellungnahme hielt Stadtrat Max Himberger:
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Staab,
Sehr geehrter Herr Oberforstrat Schweigler,,
Sehr geehrter Herr Forstamtsrat Glasbrenner,
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Forstbericht führt uns deutlich vor Augen, dass die Klimakrise nicht nur Gletscher, Polkappen und Südseeinseln bedroht – sie trifft uns auch hier, direkt vor unserer Haustüre, mit voller Wucht!
Wie im Bericht erwähnt, kann sie in manchen Fällen sogar Lebensgefahr bedeuten – etwa, wenn vertrocknete und abgestorbene Äste abbrechen und möglicherweise einen Spaziergänger erschlagen! Dieses Risiko steigt erheblich, wenn der Klimawandel weiter voranschreitet und wir keine Mittel und Wege finde, unseren heimischen Wald fit für diese Herausforderung zu machen. Denn: Je mehr vertrocknete Bäume es gibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, im falschen Moment unter dem falschen Baum zu stehen!
Es ist ein komplexes Zusammenwirken von Trockenheit, gefräßigen Insekten wie den Engerlingen der Maikäfer und dem eindringen gebietsfremder Arten, den sogenannten Neophyten wie beispielsweise der Kermesbeere, das unserem Wald schwer zu schaffen
macht. Und über allem steht die Klimakrise als verstärkender Faktor.
Lassen Sie mich ein wenig ausholen:
Statistiken zur Klimafolgenforschung zeigen, dass der Klimawandel deutliche Auswirkungen auf das Wettergeschehen vor Ort und damit auf den Zustand des Waldes hat:
- Die Sommermonate werden heißer und trockener. Mehrere Tage oder sogar Wochen am Stück bleiben Regenfälle aus. Der wenige Regen, der dann doch ab und zu fällt, versickert sehr schnell in unserem sehr sandigen, grobporigen Boden, der Grundwasserpegel sinkt und wird für die Wurzeln der Bäume unerreichbar. Man sieht dies zuerst an den Baumkronen, die absterben, weil sie nicht mehr ausreichend mit
Wasser versorgt werden können. - Die Wintermonate werden hingegen wärmer und feuchter – ganz aktuell war der November europaweit mal wieder der wärmste Monat seit Beginn der Temperaturaufzeichnung. Hiervon profitieren beispielsweise Schädlinge ganz besonders! Die Engerlinge der Maikäfer, die im Winter im Boden verweilen, fallen nicht mehr dem Frost zum Opfer und durch die steigenden Temperaturen verlängert sich auch die Saison, in der die Schädlinge aktiv sind und den Bäumen in unserem Wald so schwer zusetzen.
- Neophyten wie die Kermesbeere hingegen gehören zu den Profiteuren des Klimawandels. Sie mögen die wärmeren Temperaturen, die sie aus ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten gewohnt sind, und nehmen den heimischen Pflanzen das Licht und die Nährstoffe im Waldboden weg, was letztendlich zu einer Verdrängung führt.
Wer öfters im Walldorfer Wald unterwegs ist, kennt die Flächen, auf denen neben den Kermesbeeren auf dem Waldboden sonst nicht viel anderes wächst.
Hier ist die Forstverwaltung nun gefragt, wenn es darum geht, den Wald zukunftsfähig aufzustellen und eine Baumartenzusammensetzung zu finden, die resillienter gegenüberden Folgen der Klimakrise ist – aber auch wir als Gemeinderat können unseren Teil dazu beitragen, das Waldsterben aufzuhalten: Nämlich, indem wir den Klimaschutz in unserer Stadt immer weiter vorantreiben! Diese beiden Bereiche – Waldschutz und Klimaschutz – bedingen sich gegenseitig. Ein gesunder Wald speichert CO2 und schützt damit das Klima. Klimaschutz trägt dazu bei, dass sich die Folgen der Klimakrise im Rahmen halten
und der Wald keine großen Schäden davonträgt.
Um es kurz zu fassen: Waldschutz ist Klimaschutz und Klimaschutz ist Waldschutz!
Die Klimakrise bringt das ökologische Gleichgewicht also massiv durcheinander – und wie der Forstbericht deutlich zeigt, hat die Klimakrise auch große ökonomische Auswirkungen! Da natürlich stets die Verkehrssicherheit im für uns alle sehr wichtigen Naherholungsgebiet gewährleistet sein muss, müssen die Forstarbeiter nun auch öfters
anrücken, um gefährliche Situationen mit vertrockneten Ästen beseitigen. Und das Holz der vertrockneten Bäume lässt sich natürlich auch schlechter verkaufen. Das macht sich auch in der wirtschaftlichen Bilanz bemerkbar.
Für zwei Bereiche, die im Forstbericht aufgeführt werden, geben wir von Bündnis 90/DieGrünen auch in Zukunft gerne Geld aus, denn die Investitionen lohnen sich hier.
Gemeint sind der Wald-Naturschutz und die Waldpädagogik.
Im Bereich des Wald-Naturschutzes haben wir hier in Walldorf eine besondere Verantwortung für die Bewahrung der Vielfalt von Arten und Lebensräumen: Die Naturschutzflächen auf den Sanddünen-Flächen am Reilinger Eck und auf dem Maulbeerbuckel beheimaten viele seltene Tier und Pflanzenarten. Insbesondere für Wildbienen sind sie ein Paradies. Die Bewirtschaftung durch menschliche und auch tierische Forstarbeiter ist dabei nötig, um diese historischen Kulturlandschaften offen zu
halten und ein Zuwachsen der Flächen, das viele der Arten wieder verdrängen würde, zu vermeiden.
Die Waldpädagogik ist für all das von großer Bedeutung: Denn wer von klein auf einen Bezug zum heimischen Wald vermittelt bekommt, wird sich später auch deutlich stärker dafür einsetzen, diesen zu schützen und zu erhalten! Hier danken wir Herrn Glasbrenner und Frau Ehnert für die tolle Arbeit, die im Waldklassenzimmer und in Kooperation mit den Walldorfer Schulen geleistet wird!
Wir hoffen, dass die Situation im Jahr 2021 auch wieder mehr Aktivitäten zulässt, denn den Kindern macht das Lernen im Wald Spaß und für den Waldschutz ist eine gute Waldpädagogik Gold wert.
Wir von Bündnis 90/Die Grünen bedanken uns nochmal ganz herzlich bei Herrn Glasbrenner und seinem Team und stimmen dem vorliegenden Bewirtschaftungs- und Betriebsplan zu.
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