In der Sitzung des Gemeinderats am 24.10.2023 stand die Verabschiedung des Entwurfes eines Hitzeaktionsplans, die auf einem Antrag unserer Fraktion beruht, auf der Tagesordnung. Stadtrat Max Himberger hielt die Stellungnahme für unsere Fraktion im Gemeinderat.
Der Klimawandel findet statt und die Ursachen dieser globalen Krise liegen bei uns Menschen. So lautet der allgemeine wissenschaftliche Konsens, der unter anderem in den Berichten des Weltklimarates IPCC nachzulesen ist. Dazu zunächst ein paar Hintergründe:
Um die Erderwärmung möglichst gering zu halten, müssen wir die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich einstellen und insbesondere unsere Energie, aber auch die Mobilität und die Industrie CO2-neutral gestalten. Hierfür haben wir hier in Walldorf im Rahmen unserer Möglichkeiten schon vieles getan – und viele neue Projekte sind schon in der Pipeline.
Doch es gibt ein Problem: Selbst, wenn wir jetzt sofort alle Emissionen einstellen, würde das die Klimakrise nicht sofort stoppen. Das Klimasystem reagiert träge, chemische und physikalische Prozesse sind bereits angestoßen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass nach 1000 Jahren immer noch bis zu 40% der CO2-Emissionen in der Atmosphäre vorhanden sind. Die Erderwärmung kann also nicht sofort rückgängig gemacht werden und die Klimafolgen bleiben auch bei sofortigem Emissionsstopp – der leider nicht realistisch ist – bestehen. Davon abgesehen, sind viele der Klimafolgen unumkehrbar und auch das Erreichen sogenannter Kipppunkte macht eine Rückkehr zu den klimatischen Bedingungen vor der Industrialisierung in einem für uns Menschen greifbaren Zeitraum unmöglich.
Wir brauchen neben dem dringenden Klimaschutz und der Minderung der Treibhausgas-Emissionen also auch mindestens genauso dringend eine Anpassung an die Folgen der Klimakrise.
Im Folgenden gehe ich darauf ein, warum der Hitzeaktionsplan so wichtig für uns hier in Walldorf ist:
Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, kurz LUBW, schreibt in ihrem Bericht zur Klimaentwicklung in Baden-Württemberg: Die Sommer werden heißer. Zum Ende des Jahrhunderts könnten es im Extremfall landesweit durchschnittlich pro Jahr 38 statt bisher etwa 5 Heiße Tage mit Temperaturen von 30 Grad und mehr sein.“ und weiter: „ Regional betrachtet werden der Oberrheingraben und der Rhein-Neckar-Raum, wie heute auch, die höchsten Temperaturen zu verzeichnen haben.“
Bekanntlich liegt Walldorf mitten im Oberrheingraben und ist daher landesweit mit am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen. Das Projekt LoKlim der Universität Freiburg zeigt die lokalen Klimafolgen für die einzelnen Kommunen im Land – wie sieht das für Walldorf aus: Im Vergleich zum Referenzzeitraum 1971-2000 wird es bis 2100 deutlich heißer, die mittlere Jahrestemperatur steigt von 10,6 auf 14,1 Grad Celsius. Heiße Tage mit über 30 Grad wird es deutlich mehr geben: von 12 steigt die Anzahl auf 42 Tage bis 2100. Auch die Tropennächte, die dem Körper keine Erholung gönnen, weil die Temperaturen auch in der Nacht noch mehr als 20 Grad Celsius betragen, werden von 0 auf 23 Tage im Jahr steigen. Im Kernbereich der Stadt, der sich stärker erhitzt als das Umland und die Hitze aufgrund der versiegelten Flächen besser speichert, werden diese Hitze und ihre Folge nochmal deutlicher zu spüren sein.
Schon heute ist die Hitze ein großes Gesundheitsrisiko: Laut RKI waren es 2022 über 4.000 und 2023 über 3.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland. Zahlen, die die Dringlichkeit des Handelns deutlich machen.
Wir in der Kommunalpoltik haben dabei die große Verantwortung, diesen Klimafolgen so gut wie möglich entgegenzuwirken und insbesondere die Risikogruppen vor der Hitze zu schützen – Risikogruppen, das sind zum Beispiel ältere Menschen, Säuglinge, Kleinkinder, aber auch Menschen, die im Freien körperlich arbeiten und Menschen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben oder wohnungslos sind und daher keine Möglichkeit für kühle Rückzugsräume finden. Und es geht auch darum, Walldorf insgesamt bei großer Hitze so lebenswert wie möglich zu gestalten.
Deshalb haben wir von Bündnis 90/Die Grünen den Antrag auf die Erstellung eines Hitzeaktionsplans gestellt. Dieser soll sich mit seinen Maßnahmen zusammen mit anderen Plänen und Konzepten (Landschaftsplan, Innenstadtkonzept usw.) in ein Gesamtkonzept einfügen, das Walldorf fit für die Zukunft macht.
Für den Hitzeaktionsplan hat die Verwaltung drei Teilbereiche ausgemacht, die wir ebenfalls als sinnvoll erachten:
• Vorbereitung vor dem Sommer
• Akutmaßnahmen bei Hitzewellen
• Langfristige Entwicklung und Planung
Bei der Vorbereitung ist vor allem die Öffentlichkeitsarbeit gefragt und die Vernetzung von sozialen Diensten und Nachbarschaftshilfen – und im Grunde auch wir alle! Das Durstgefühl nimmt im Alter ab – aber gerade bei großer Hitze ist es lebensnotwendig, ausreichend zu trinken. Die allermeisten hier kennen Menschen in fortgeschrittenem Alter, daher der Appell: Kümmern Sie sich gerade im Sommer verstärkt darum, dass sie das Trinken nicht vernachlässigen!
Die Akutmaßnahmen drehen sich vor allem um den konkreten Schutz vor der Hitze: Wo können wir kühle Orte einrichten, wo brauchen wir zusätzlichen Schatten? Hier können wir uns auch sehr gut eine Bürger:innenbeteiligung vorstellen, um von den Erfahrungen und Ideen aller Walldorfer:innen zu profitieren. Ein besonderer Fokus muss dabei auch auf den städtischen und Stadtnahen Einrichtungen liegen – sind die Seniorenheime gut vorbereitet, um schnell auf die akute Hitze zu reagieren? Leistet die Stadt als Arbeitgeberin ausreichend Hitzeschutz für ihre Mitarbeitenden? Sind die wohnungslosen Menschen und die Geflüchteten hier in Walldorf ausreichend vor der Hitze geschützt? Diesen Fragen muss bei der Umsetzung des Hitzeaktionsplans nachgegangen werden.
Die langfristige Entwicklung und Planung kann und muss eng mit den anderen städtebaulichen Veränderungen einhergehen, die hier in Walldorf gerade im Gange sind.
Wir von Bündnis 90/Die Grünen wünschen uns für die Zukunft ein grünes (nicht nur politisch – in diesem Kontext sind vor allem Bäume, Grünflächen und Fassaden- sowie Dachbegrünung oder auch die Baumschutzsatzung, die wir ja auch schonmal beantragt hatten, gemeint), klimafreundliches und gut an die Klimafolgen angepasstes Walldorf mit einer hohen Aufenthaltsqualität auf öffentlichen Plätzen und einer hohen Lebensqualität insgesamt. Die langfristigen Maßnahmen des Hitzeaktionsplans tragen dazu bei. Deshalb sind wir froh, dass hierbei alle Fraktionen an einem Strang ziehen – packen wir es gemeinsam an! Wir stimmen daher dem Hitzeaktionsplan zu und plädieren dafür, ihn laufend weiterzuentwickeln und stetig neue Impulse und Ideen aufzunehmen – denn so wie sich das Klima wandelt, müssen auch wir hier auf den Wandel reagieren. In diesem Kontext begrüßen wir auch die heute von Herrn BM Renschler angekündigte Schaffung der Stelle eines Klimaanpassungsmanagers/-managerin, die sich dann auch um dieses wichtige Thema kümmern kann.
Vielen Dank!
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