Grüner Ortsverband auf Exkursion in die „Wüsten der Kurpfalz“

Kennen Sie schon den Maulbeerbuckel? Er liegt etwas versteckt im Walldorfer Wald zwischen der Waldschule und der Lutherischen Brücke. Im Kiefernwald tut sich dort plötzlich ein lichter Sandhügel auf. Doch wo kommt denn da der ganze Sand her? Wieso stehen hier fast keine Bäume mehr? Was macht den Lebensraum auf dem Maulbeerbuckel so besonders und schützenswert? Und woher kommt denn eigentlich der Name Maulbeerbuckel, obwohl dort doch gar keine Maulbeeren wachsen? Diesen und weiteren Fragen ging der Ortsverband der Grünen gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern auf einer kleinen Exkursion unter fachkundiger Leitung von Maximilian Himberger, Grünen-Stadtrat und Maulbeerbuckel-Experte, nach. Die wichtigsten Inhalte der Exkursion haben wir Ihnen hier nochmal aufbereitet:

Aus geographischer Sicht ist der Maulbeerbuckel eine Binnendüne – das heißt, eine Düne ohne angrenzendes Meer. Nach Ende der letzten Eiszeit ist der Rhein hier im Oberrheingraben weit verzweigt und nur periodisch geflossen. Dabei hat er Steine und Sand aus den Alpen mitgetragen – je weiter weg von den Alpen, desto feiner die Korngröße. In den Zeiträumen, in denen der Rhein aufgrund der niedrigen Temperaturen nicht floss, wurde dieser Sand ausgeweht und hat sich dann an der aufgrund der steigenden Temperaturen wieder aufkommenden Vegetation langsam abgelagert. Hier bei uns relativ grober Sand – weiter weg im Kraichgau dann der Löss, der wesentlich feiner ist und daher weiter transportiert werden konnte. So sind die Sanddünen entstanden, die in den folgenden Jahrhunderten immer weiter zugewachsen sind. Übrigens nicht mit den heutigen Kiefern, sondern mit einem Eichen-Buchen-Mischwald.

Im Mittelalter, als der Siedlungsdruck immer größer wurde, fingen die Bauern dann an, ihre Tiere (vor allem Schweine) zur Mast in den Wald zu treiben. Diese haben dann die Eicheln, Bucheckern und jungen Baumtriebe weggefressen, wodurch sich der Wald nicht mehr erneuern konnte. Langsam aber sicher sind so die offenen Sandflächen entstanden, auf denen sich ganz besondere Tier- und Pflanzenarten niedergelassen haben. Die Kiefern wurden vom Kurfürsten angepflanzt, der auf den damals offenen Sandflächen und lichten Kiefernwäldern oft zur Jagd unterwegs war. Auch der Name Maulbeerbuckel ist übrigens auf den Kurfürsten zurückzuführen: Zur Seidenproduktion wollte er hier in der Gegend Maulbeerbäume zur Zucht von Seidenraupen pflanzen – aber das hat nicht so wirklich geklappt.

Nachdem die Waldweide im Zuge der Industrialisierung dann beendet wurde, sind die Sandflächen auch schnell wieder zugewachsen und die Arten wurden wieder verdrängt. Im Zuge des NABU-Projekts „Lebensader Oberrhein“ wurden diese Flächen mit schweren Maschinen wieder freigelegt und die Bäume gefällt, um einen Beitrag zu Biodiversität zu leisten. Denn einige dieser Arten kommen landesweit nur auf diesen Sandflächen in unserer Region vor. Die so entstehenden Biotoptypen sind über die FFH-Richtlinien geschützt und beheimaten einige Arten auf der Roten Liste. Besonders für seltene Wildbienen sind sie ein Paradies. Aber auch der Dünen-Sandlaufkäfer fühlt sich mit seinen langen Beinen sehr wohl auf dem im Sommer bis zu 70 Grad Celsius heißen Sand. Seltene Pflanzenarten wie zum Beispiel die Wohlriechende Skabiose fühlen sich auf den trockenen Sandböden ebenso wohl wie der Wiedehopf, der auf den offenen Sandflächen auf Insektenjagd geht. Denkbar ist auch eine Wiedereinführung der Waldweide mit Schafen oder Ziegen, denn sie trägt auch zur Verbreitung der Arten auf den Sand-Biotopen bei.

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