Mit dieser Serie von Blog Posts möchte ich über die nächsten Wochen das Thema Elektromobilität behandeln, die Herausforderungen in Deutschland und Walldorf beleuchten, mit einigen Vorurteilen aufräumen und einen Ausblick auf die Zukunft wagen.
Autor Christian Happel fuhr zum ersten Mal ein Elektroauto 2011 in den USA. Seit 2019 ist er privat voll elektrisch unterwegs.
Um eine weltweite Klimakatastrophe noch abzumildern und im besten Falle zu verhindern, müssen wir so schnell wie möglich aufhören fossile Rohstoffe zu verbrennen und dadurch CO2 in die Atmosphäre zu entlassen. Dies dürfte mittlerweile jedem klar sein. Die Grünen fordern daher schon seit langem einen schnellstmöglichen Ausbau von erneuerbaren Energien wie z.B. Photovoltaik und Windkraft, um Kohle- und Gaskraftwerke möglichst komplett abschalten zu können, und mit dem neuen Minister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck scheinen die Weichen dafür endlich gestellt werden zu können.
Elektromobilität Teil 1 – Auftakt zur Serie “Elektromobilität – aktueller Stand und Herausforderungen für Deutschland und Walldorf”
Verkehrssektor ist ein Hauptverursacher von CO2-Emissionen
Neben der Stromerzeugung ist der Verkehrssektor einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen. Der beste Ansatz hierfür ist die konsequente Umsetzung einer Mobilitätswende hin zu mehr Schienen- und öffentlichem Nahverkehr und bei unserer Stadtplanung einer Bevorzugung von Fahrrad- vor Autoverkehr. Doch aus vielen unterschiedlichen Gründen werden Autos und LKWs sich nicht komplett ersetzen lassen. Daher stellt sich die Frage, wie man auch die CO2-Emissionen dieser Gefährte möglichst schnell auf null herunterfahren kann. Die bereits heute existierende Antwort darauf heißt Elektroautos – und in Kombination mit erneuerbaren Energien ist diese Antwort unschlagbar gut.
Elektrische Antriebe sind keine neue Erfindung: Der Detroit Electric stammt aus dem Jahr 1930
Das erste deutsche Elektroauto gab es bereits 1888
Da es sich aber bei der Elektromobilität in der Öffentlichkeit immer noch um ein recht neues Thema handelt, ist es ganz normal, dass viele Menschen diesen „neuartigen“ Maschinen noch skeptisch gegenüberstehen. Man erinnere sich nur einmal an die Zeit als die ersten Computer entwickelt wurden: 1943 sagte der damalige IBM-Chef Thomas Watson, seiner Meinung nach gäbe es auf der ganzen Welt nur Bedarf für fünf Computer. Oder an den Microsoft-Chef Bill Gates, der in den 1990er Jahren einmal sagte, das Internet sei nur ein Hype. Heute hat jeder von uns ein Handy mit Internet-Zugang. Genau so wird es in spätestens zehn Jahren mit Elektroautos sein.
Deshalb wollen wir Grünen uns hier in den kommenden Wochen diesem Thema widmen, den aktuellen Stand, die Herausforderungen, sowie die konkrete Situation hier in Walldorf beleuchten.
Starten wollen wir heute mit einem kleinen Blick in die Vergangenheit:
Wussten Sie beispielsweise, dass das erste Elektroauto bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden wurde? Das erste deutsche Elektroauto wurde 1888 in Coburg von der Firma Flocken gebaut. Doch mit der Erfindung des Anlassers 1911 war der Siegeszug des Verbrennungsmotors für fast 100 Jahre besiegelt. Erst die Firma Tesla hat das Elektroauto wieder konkurrenzfähig gemacht und damit weltweit alle Autohersteller dazu bewegt wieder in diese Technologie zu investieren.
Im nächsten Teil werden wir uns die Kosten eines Elektroautos genauer anschauen.
Elektromobilität Teil 2 – Warum Elektroautos schon heute günstiger sind als Verbrenner
Steigende Energiepreise unterstreichen Wichtigkeit des Umstiegs auf erneuerbare Energien
Die durch den Krieg in der Ukraine rasant steigenden Energiekosten bringen die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen wie Gas und Öl gerade ins Bewusstsein vieler Menschen. Der hundertprozentige Umstieg auf erneuerbare Energien wird seit Jahren von uns Grünen gefordert, um dieser Abhängigkeit zu entgehen und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu reduzieren.
Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns im zweiten Teil unserer Serie “Elektromobilität” näher mit dem aktuellen Angebot und den Kosten eines Elektroautos befassen.
Warum Elektroautos zu Beginn teuer waren
Generell sind die ersten Versionen eines neuen, innovativen Produktes zunächst immer ziemlich teuer. Erst wenn ähnliche Produkte von Konkurrenten auf den Markt kommen und sich die produzierten Stückzahlen erhöhen, sinken auch die Kosten für das Produkt und neue, günstigere Varianten erscheinen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Kosten für Solarmodule, die alleine seit 2006 um mehr als 75% gesunken sind, ganz zu schweigen von mehr als 90% seit den 1990er Jahren. Aber dieses Prinzip trifft wirklich auf alles zu, vom Kühlschrank, über den Fernseher bis hin zum Handy.
Mit diesem Hintergrundwissen ist leicht zu verstehen, dass auch die ersten Elektroautos von Tesla damals teuer und damit nicht für jeden erschwinglich waren.
In den Köpfen vieler hält sich seitdem das Vorurteil, dass Elektroautos im Allgemeinen noch nicht massentauglich sind, weil zu teuer, obwohl es mittlerweile eine Vielzahl von erschwinglichen Autos auf dem Markt gibt.
Im Januar beispielsweise waren die meistverkauften Elektroautos der Fiat 500e und der Opel Corsa-e. Also beides sehr kleine und relativ günstige Fahrzeuge.
Eine stets aktuelle Liste aller verfügbaren Elektroautos (momentan mehr als 60!) und Elektromotorräder findet sich zum Nachschlagen hier: Elektroauto-Liste Diese beinhaltet auch Bruttolistenpreis, Verbrauch und weitere Merkmale für jedes Auto.
Teure Elektroautos heute nur noch ein Vorurteil
Warum also hält sich dennoch das Vorurteil teurer Elektroautos?
Zum einen liegt es mit Sicherheit daran, das es noch nicht viele Elektroautos auf dem Gebrauchtwagenmarkt gibt. Die Menge an Elektroautos, die von ihren Besitzern weiterverkauft werden, ist noch nicht groß genug, um bei den Gebrauchtwagen spürbare Schnäppchen machen zu können. Und nicht jeder kann oder will sich einen Neuwagen leisten.
Zum anderen erscheinen Elektroautos auf dem Papier momentan tatsächlich zunächst einmal teurer als vergleichbare Verbrenner-Fahrzeuge. Schaut man sich diesen Vergleich allerdings ein wenig genauer an, ändert sich das Bild:
Elektroautos günstiger im Unterhalt
Dazu hier ein kurzer Vergleich eines neuen VW Golf 7 (Basis-Listenpreis 28.500€) und eines VW ID3 (Basis-Listenpreis 37.000€). Da die Bundesregierung den Kauf eines Elektroautos momentan mit bis zu 9.000€ fördert, ist der ID3 also bereits in der Anschaffung nicht teurer als der Golf.
Jedoch lässt sich mit dem Elektroauto zusätzlich bares Geld sparen:
Legt man einen Benzinverbrauch von 7l/100km und einen Benzinpreis von 1,66€/l zu Grunde, sowie einen Stromverbrauch von 18kWh/100km und einen Strompreis von 0,30€/kWh, so spart man mit dem VW ID3 bei einer Haltedauer von 4 Jahren und einer jährlichen Fahrstrecke von 20.000km ca 5.000€ gegenüber dem VW Golf.
Dadurch, dass der Benzinpreis in den nächsten Jahren weiter steigen und der Strompreis durch den Ausbau erneuerbarer Energien wieder fallen wird, wird sich dieser Vorteil der Elektroautos sogar noch vergrößern.
Hinzu kommt, dass zehn Jahre lang keine KfZ-Steuer gezahlt werden muss und Elektroautos aufgrund weniger komplexer Motoren zusätzlich geringere Kosten bei Wartung und Reparatur verursachen.
In 4 Jahren wird niemand mehr einen Verbrenner kaufen
Vor dem Hintergrund dieser Ersparnisse, des steigenden Angebots unterschiedlicher Modelle, und der Tatsache, dass Elektroautos umweltfreundlicher sind als Verbrenner, ist es kein Wunder, dass die Verkaufszahlen rasant steigen. Lag der Anteil verkaufter Elektroautos in 2019 noch bei unter 2%, waren es in 2020 bereits knapp 7% und in 2021 verdoppelte sich dieser Anteil sogar auf fast 14%. Auch wenn es noch unglaublich klingt: Sollte sich diese Entwicklung fortführen – und die Wahrscheinlichkeit dafür ist recht hoch – dann wird nach 2025 kaum jemand mehr einen Verbrenner als Neuwagen kaufen, unter anderem auch deshalb, weil der Wiederverkaufswert ein paar Jahre später fast auf null gefallen sein wird.
In diesem Sinne: Falls Sie gerade auf der Suche nach einem neuen Auto sind, fragen Sie beim Autohändler Ihres Vertrauens doch mal nach einem Elektroauto.
Elektromobilität Teil 3 – Reichweite und Ladeinfrastruktur
Elektroauto-Reichweite und Ladeinfrastruktur
Im letzten Artikel haben wir über den rasanten Anstieg der Verkaufszahlen von Elektroautos in den vergangenen zwei Jahren berichtet. Anfang März veröffentlichte das Kraftfahrtbundesamt nun auch Bestandszahlen und diese folgen den Verkaufszahlen erwartungsgemäß: In 2021 hat sich der Bestand zugelassener Elektroautos in Deutschland mehr als verdoppelt. Dieser Anstieg bringt natürlich Herausforderungen für Deutschland und damit auch für die Stadt Walldorf mit sich, die wir heute näher beleuchten möchten.
Reichweite und Ladedauer ist das am häufigsten diskutierte Thema, wenn es um Elektroautos geht – und das aus gutem Grund, denn: Der Umstieg auf ein batteriebetriebenes Fahrzeug bedarf tatsächlich ein wenig Umdenken, da wir von Verbrenner-Fahrzeugen einige Dinge einfach anders gewohnt sind. Doch fangen wir am Anfang an:
Eine große Batterie ist nicht die Lösung
Ganz grundsätzlich führt eine größere Batterie natürlich zu einer größeren Reichweite. Allerdings ist die Batterie der teuerste und auch schwerste Teil eines Elektroautos. Daher stellt sich die Frage, ob es wirklich nötig ist eine Batterie zu verbauen, die so groß ist, dass sie vergleichbare Reichweiten eines Verbrenners ermöglicht, ohne nachladen zu müssen.
Wenn man zudem bedenkt, dass 80% aller Autofahrten weniger als 50km weit sind und Autos mehr als 95% der Zeit einfach nur irgendwo parken, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass eine riesige Batterie sowohl eine Verschwendung von Geld und Ressourcen darstellen würde.
Gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage, wie eine solche Batterie am besten aufgeladen wird. In diesem Artikel möchte ich das schnelle Laden auf der Langstrecke, z.B. auf dem Weg in den Urlaub, einmal außen vor lassen, sondern mich auf das Laden für den täglichen Bedarf konzentrieren, denn hier können wir vor Ort in Walldorf noch viel tun!
Viele Wallboxen an privaten Häusern
Wenn man in den dunklen Abendstunden durch Walldorfs Wohngebiete spaziert, kann man an vielen Häusern mittlerweile leuchtende Wallboxen (Wandstationen zum Laden von Elektroautos) erkennen. Das Förderprogram der Regierung der letzten 2 Jahre hat also auch bei uns hier in Walldorf für Anreize gesorgt, dass vor allem Eigenheim-Besitzer sich eine solche Box installiert haben.
Mieter haben das Nachsehen
Mieter, vor allem denjenigen, die in Mehrparteien-Häusern wohnen, konnten hiervon aber leider nicht im selben Maße profitieren, denn zum einen sehen die meisten Vermieter hier keinen Mehrwert Geld zu investieren, zum zweiten erschweren die technischen und räumlichen Rahmenbedingungen in solchen Fällen oftmals die Installation.
Das heißt, gerade für solche Mieter – und damit leider oftmals auch für Mitbürger mit geringerem Einkommen – müssen andere Lösungen, vor allem in Form öffentlich zugänglicher Ladestationen angeboten werden.
Steht er, dann lädt er.
Hier sind aus Sicht der Grünen die Stadt Walldorf und die lokalen Stadtwerke Walldorf in der Verantwortung, umgehend ein dichtes Netzwerk an Ladesäulen aufzubauen.
Seit mehreren Jahren gibt es in Walldorf nur zwei öffentliche Ladestationen mit jeweils zwei Anschlüssen von den Stadtwerken. Deshalb hat die Fraktion der Grünen bereits im Juni 2021 einen Antrag zum Ausbau des öffentlichen Ladenetzes im Gemeinderat gestellt. Passiert ist seitdem, außer der Ankündigung des Aufbaus von zwei weiteren Standorten, nichts.
Zwar kennen wir keine offiziellen Auslastungszahlen, aber das Resultat kann man auch sehen: Immer öfter sieht man beide Ladepunkte gleichzeitig in Benutzung. Wegen der wenigen Standorte kann man verfolgen, dass E-Autobesitzer, die etwas weiter weg von den Ladestationen wohnen, einen Roller im Kofferraum transportieren, um für die Zeit des Ladevorgangs wieder nach zu Hause zu fahren.
Eine Erhöhung der Anzahl und der Ladeleistung der Stationen wird vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl von Elektroautos daher immer dringender. So sollten z.B. in allen Parkhäusern, auf Parkplätzen, sowie an Supermärkten Ladestationen verfügbar sein.
Denn es gilt für Elektroautos das schöne Sprichwort:
Steht er, dann lädt er.
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Fortsetzung folgt
Weiterführende Information:
Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zum Ladenetzausbau für Elektromobilität
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